Was tun Gebärdensprachdolmetscher/innen?
Dolmetscher sind für die Übertragung mündlicher Texte in andere Sprachen zuständig. Ihre Leistung ermöglicht es, zu jeder Zeit und an jedem Ort mit Angehörigen anderer Sprachkulturen zu kommunizieren. Sie beherrschen alle Dolmetschtechniken, insbesondere das auf Konferenzen eingesetzte Simultan- und Konsekutivdolmetschen (...) (Handbuch Translation S. 2).
Da Laut- und Gebärdensprachen über unterschiedliche Kanäle rezipiert und produziert werden (akustischer und visueller Kanal), wird beim Dolmetschen zwischen gesprochener und gebärdeter Sprache hauptsächlich simultan gedolmetscht. In begründeten Fällen kann auch die konsekutive Technik zum Einsatz kommen. Gebärdensprachdolmetscher/innen sind in der Regel direkt an der Kommunikationssituation zwischen Sender und Empfänger beteiligt, bekommen dadurch auch die Reaktionen auf den Texttransfer unmittelbar mit und dolmetschen meist ohne technische Hilfsmittel oder Schallschutzkabinen.
Beim Dolmetschen wird der Text der Ausgangssprache einmalig dargeboten und muss simultan in einem sehr begrenzten Zeitrahmen in einen kaum kontrollierbaren und korrigierbaren Text in der Zielsprache umformuliert werden. Die Dolmetscher/in muss daher über ein umfassendes sprachliches, fachliches und kulturelles Wissen verfügen, das sie jeweils in kürzester Zeit einsetzen kann.
In Studiengängen und Ausbildungen lernen Gebärdensprachdolmetscher/innen darüber hinaus das für die Tätigkeit nötige schnelle Verstehen, Analysieren, Zuordnen und Gewichten von Textinhalten und Informationen, die mündlich dargeboten werden, und zugleich die Fähigkeit, die verarbeiteten Informationen sicher und angemessen in der Zielsprache zu präsentieren (vgl. Handbuch Translation, S. 2).
Gebärdensprachdolmetscher/innen unterliegen in ihrer Berufsausübung der Berufs- und Ehrenordnung.
Neben dem simultanen Dolmetschen gibt es noch weitere spezielle Techniken, die beim Gebärdensprachdolmetschen zum Einsatz kommen können:
Gebärdensprachdolmetscher/innen müssen hohen Anforderungen an Gedächtnis und Konzentration gerecht werden sowie über hohe physische und psychische Belastbarkeit, Flexibilität im Ausdruck in beiden Sprachen, Sicherheit im Auftreten, Mobilität und die Bereitschaft zum Arbeiten im Team verfügen. Hinzu kommen einsatzspezifische Anforderungen, z.B. juristische Terminologiekenntnisse in beiden Sprachen, forensische Grundkenntnisse, ein breites Allgemeinwissen beim Gerichtsdolmetschen, und die Bereitschaft zu einer gewissenhaften Vorbereitung.
Simultandolmetschen:
Der Ausdruck Simultandolmetschen bezeichnet jene Ausführungsweise des Dolmetschens, bei der die Verdolmetschung nicht erst nach, sondern während der verstehenden Aufnahme der ausgangssprachlichen Rede produziert wird. Dabei werden nicht papageienhaft Wörter und Sätze übertragen, sondern der gedankliche Inhalt, der Sinn der Ausgangsrede verstehend aufgenommen und in der Zielsprache neu formuliert. Die time lag genannte Zeitverzögerung zwischen Original und Verdolmetschung liegt nach einer Untersuchungen von Gerver 1976 durchschnittlich bei zwei bis drei Sekunden und das ideale Sprechtempo bei 100 bis 120 [englischen] Wörtern. Zum Dolmetschprozess gibt unterschiedliche Erklärungsmodelle.
Simultandolmetschen setzt die Fähigkeit voraus, die kognitiven Ressourcen situationsadäquat so zu nutzen und zu verteilen, dass die gestellte Aufgabe, d.h. die kontinuierliche Wiedergabe der Ausgangsrede unter bestmöglicher Wahrung des kommunikativen und informativen Gehalts, bewältigt werden kann
(vgl. Handbuch Translation, S. 301ff).
Konsekutivdolmetschen:
Im Gegensatz zum Simultandolmetschen wird bei der konsekutiven Technik nicht nahezu gleichzeitig die Ausgangssprache aufgenommen und die Zielsprache produziert, sondern es werden jeweils abgeschlossene Redebeiträge mit einer Dauer von einigen Sekunden (einige Duzend Wörter) bis mehreren Minuten (mehrere hundert bis mehrere tausend Wörter) im nachhinein verdolmetscht. Voraussetzung ist, dass der Dolmetscher das Gesagte verstanden hat und behält. Ebenso wie beim Simultandolmetschen ist dabei nicht der genaue Wortlaut ausschlaggebend, sondern der Sinn der Ausführungen. Um eine lückenlose Wiedergabe der Rede zu gewährleisten, werden beim Konsekutivdolmetschen Notizentechniken eingesetzt, die das Gedächtnis unterstützen.